Testierfähigkeit Gutachten ärztliches
ärztliches Gutachten Testierfähigkeit
medizinischer Gutachter Erbrecht
Gutachter testierfähig, Gutachter testierunfähig,
Gutachten testierfähig, Gutachten testierunfähig.
Prinzipiell gilt für die medizinische Begutachtung im Erbrecht, dass die Testierunfähigkeit von einem Gericht nur auf Grund eines Sachverständigengutachtens festgestellt werden kann. Der vom Gericht zu bestellende Sachverständige muss entweder Neurologe oder Psychiater sein. Der zur Beurteilung der Testierfähigkeit hinzugezogene Sachverständige hat in der Regel nicht nur den medizinischen Befund einer Geisteskrankheit oder Geistesschwäche festzustellen, sondern vor allem deren Auswirkungen auf die Einsichtsfähigkeit und die Willensbildungsfähigkeit des Betroffenen abzuklären. Grundsätzlich sollte in der Regel in medizinischen Gutachten zu den drei Voraussetzungen Stellung genommen werden: Krankhafte Störung der Geistestätigkeit bzw. Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung. Unfähigkeit, die Bedeutung der Willenserklärung einzusehen (kognitives Element) und nach dieser Einsicht zu handeln (voluntatives Element). Kausalität, d.h. die fehlende Einsichtsfähigkeit und die fehlende Freiheit der Willensbestimmung müssen auf der geistigen Störung beruhen. Bei der Begutachtung der Frage, ob eine Testierfähigkeit vorgelegen hat oder nicht, sind in der Regel anhand der vorhandenen Unterlagen die prinzipiell oben genannten Punkte zu überprüfen. Grundsätzlich müssen in der Regel drei Voraussetzungen, die sich aus dem Gesetzestext ergeben, gleichzeitig erfüllt sein, damit Testierunfähigkeit vorliegt, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht: Krankhafte Störung der Geistestätigkeit bzw. Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung. Unfähigkeit, die Bedeutung der Willenserklärung einzusehen (kognitives Element) und nach dieser Einsicht zu handeln (voluntatives Element). Kausalität, das bedeutet, dass die fehlende Einsichtsfähigkeit und die fehlende Freiheit der Willensbestimmung auf der geistigen Störung beruhen. Bei der medizinischen Begutachtung der Frage, ob eine Testierfähigkeit vorgelegen hat oder nicht, sind in der Regel die oben genannten Punkte zu überprüfen. Dabei ist in der Regel darauf zu achten, dass der juristische Krankheitsbegriff: krankhafte Störung der Geistestätigkeit bzw. Geistesschwäche nicht identisch ist mit den medizinischen Diagnosen. Eine Reihe von neurologischen und neuro - psychiatrischen Krankheitsbildern kann die freie Willensbildung soweit einschränken, dass die Testierfähigkeit als nicht mehr gegeben angesehen werden kann, also eine Testierunfähigkeit vorliegt. Dabei ist zu beachten ist, dass die Diagnose einer solchen Erkrankung in der Regel nicht automatisch zur Testierunfähigkeit führt, sondern in jedem Einzelfall anhand der nachweisbaren neurologischen, psychopathologischen und neuropsychologischen Auffälligkeiten nachgewiesen werden muss, dass wichtige Voraussetzungen für die freie Willensbildung zum Zeitpunkt der Testamentsunterzeichnung nicht vorgelegen haben. Nach der Rechtsprechung, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht, wird ein sehr hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen entsprechender Auffälligkeiten verlangt, um die Annahme einer Testierunfähigkeit zu rechtfertigen. Im Zusammenhang mit der Frage der freien Willensbildung taucht immer wieder die medizinisch – gutachterliche Frage auf, ob es oft im Verlauf einer Demenz mit Unfähigkeit, einen freien Willen zu bilden, kurze Intervalle geben kann, in denen der Betreffende doch noch zur Bildung eines freien Willens fähig ist („luzides Intervall“). Die Beweislast hat derjenige, der ein luzides Intervall behauptet. Die Annahme eines luziden Intervalls ist an einige Voraussetzungen gebunden:Bei dem Betreffenden liegt schon längere Zeit eine weitgehend konstante Beeinträchtigung der intellektuellen Fähigkeiten vor, die so schwerwiegend ist, dass sie eine Beeinträchtigung der freien Willensbildung begründen würde, in einem engen begrenzten Zeitraum (meist ein bis wenige Tage) verbessern sich die intellektuellen Fähigkeiten des Betreffenden wieder soweit, dass er vorübergehend kurzzeitig wieder ein Zustand erreicht, in dem eine freie Willensbildung möglich ist. Nach diesem „luziden Intervall“ fällt der Betreffende wieder in seinen alten Zustand der schwerwiegenden intellektuellen Beeinträchtigung zurück. Ein luzides Intervall in diesem engen Sinn ist allerdings in der Regel medizinisch kaum zu begründen, wenn nicht eine medizinische Behandlung von Erkrankungen stattgefunden hat, die die intellektuellen Fähigkeiten stark beeinträchtigen können. Wenn diese Erkrankungen nicht behandelt bzw. schlecht kompensiert sind, so kann in seltenen Grenzfällen, bei denen die freie Willensbildung zweifelhaft erscheint, eben durch eine Behandlung ein Zustand erreicht werden, in dem eine freie Willensbildung möglich ist. In erweitertem Sinn wird häufig und nicht ganz korrekt von einem luziden Intervall gesprochen, wenn bei einem insgesamt wechselnden Krankheitsverlauf Phasen auftreten mit geringen oder keinen Einschränkungen der Geistestätigkeit. Bei chronischen und chronisch - progredienten Störungen (wie Demenzen, chronische hirnroganische Psychosyndrome bzw. Persönlichkeitsveränderungen oder chronische Schizophrenien) richtet sich die medizinische Beurteilung der Testierfähigkeit nach den im fraglichen Zeitraum vorhandenen Dauerveränderungen. Wenn im Rahmen einer seit mehreren Monaten oder gar Jahren bestehenden Erkrankung ihrem Wesen nach chronische psychopathologische Symptome bzw. Syndrome belegt sind, die Testierunfähigkeit bedingten, so sind kurzfristige (Stunden, Tage dauernde) „luzide Intervalle” mit Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit allerdings so gut wie ausgeschlossen. Es hat in der Regel medizinisch nichts mit „luziden Intervallen” zu tun, wenn sich chronisch verlaufende Erkrankungen unter günstigen Umständen und entsprechender Behandlung allmählich im Verlauf von Monaten bessern oder gar zurückbilden. Für Demenzen und ähnliche Syndrome ist zu berücksichtigen, dass während der Zeit ihres Bestehens viele Informationen häufig gar nicht oder nicht realitätsgerecht aufgenommen, verarbeitet und abgespeichert worden sind. Selbst im seltenen Fall einer weitgehenden oder kurzfristigen medizinischen Besserung besteht hier zunächst in der Regel eine erhebliche Lücke in der geistigen und psychischen Repräsentanz relevanter Umweltinformationen und der eigenen Biografie. Sie muss in der Regel erst wieder adäquat mit Informationen gefüllt werden, bevor die persönliche Sinnkontinuität des eigenen Lebens wieder hergestellt ist. Testierfähigkeit ist nicht identisch mit Geschäftsfähigkeit: Das Gesetz verlangt, dass der Erblasser wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinstörung nicht in der Lage war, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht. Nur wenn diese Definition der Testierunfähigkeit auf den Erblasser zutraf, ist sein Testament unwirksam, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht. So kommt es in der Regel besonders auf die „Freiheit des Willensentschlusses“ an, weniger auf die Fähigkeit des Verstandes. Solange die Testierunfähigkeit nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, muss von der Testierfähigkeit als Regelfall ausgegangen werden. Nach einhelliger Meinung in Fachliteratur und Rechtsprechung trägt im Erbscheinverfahren derjenige die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit des Erblassers, der sich auf die Unwirksamkeit des Testaments beruft. Bei der Beurteilung der Testierfähigkeit kommt es stets nur auf den Zeitpunkt der Testamentserstellung an. Ob der Erblasser, wie es insbesondere bei Demenzkranken nicht selten vorkommt, vor oder nach dem maßgeblichen Zeitpunkt testierfähig war, spielt keine Rolle. Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist eine letztwillige Verfügung nichtig, wenn der Testator zu diesem Zeitpunkt testierunfähig war. Das gilt nicht nur für die Errichtung, sondern auch für jede Änderung und für den Widerruf bzw. die Vernichtung oder Rücknahme eines Testaments, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein handschriftliches oder ein notariell beurkundetes Testament handelt (auch selbst dann, wenn der Notar „volle Geschäfts- und Testierfähigkeit“ bescheinigt hat). Entscheidend ist jeweils der Zustand während der Abgabe der Willenserklärung (Zeitpunkt von Unterschrift, Änderung oder Widerruf); ob der Erblasser den entsprechenden Willen evtl. auch früher schon geäußert hat, ist rechtlich belanglos, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht. Da das Vorhandensein einer krankheitswertigen Störung auf der ersten Beurteilungsebene lediglich eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für Testierunfähigkeit ist, müssen medizinisch ggf. immer auch die Voraussetzungen der zweiten Beurteilungsebene überprüft werden, also die Auswirkungen der Störung auf die Fähigkeit zur freien Willensbestimmung. Der Testierende muss medizinisch in der Lage sein, sich die für und gegen eine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe zu vergegenwärtigen, sich darüber ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil eigenständig zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln. Sonst ist er nicht testierfähig, die juristische Bewertung obliegt stets nicht dem medizinischen Gutachter sondern allein dem Gericht. Luzides Intervall: Die Möglichkeit eines luziden Intervalls wird in der medizinischen Fachliteratur meist negiert. Diese Auffassung wird auch vom Oberlandesgericht München, 2013 und Oberlandesgericht Hamburg, 2018 für eine chronisch - progrediente Demenz vertreten. (Lediglich in der älteren Rechtsprechung wurde bisher für eine Gehirnarteriosklerose, also eine zerebrovaskuläre Erkrankung ein luzides Intervall für möglich gehalten, Bayerisches Oberlandesgericht, 1997). Prinzipiell ist eine kurzzeitige Besserung einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten dann, wenn strukturelle Hirnveränderungen vorliegen, medizinisch nicht zu begründen. Auch bei funktionalen Störungen, wie z. B. einer schweren, lang anhaltenden schizophrenen Symptomatik oder einer depressiven Pseudodemenz vergehen in der Regel mehrere Tage bis Wochen, bevor eine deutliche Besserung der geistigen Fähigkeiten nachweisbar wird. Auch bleiben die Verbesserungen im Widerspruch zum Konzept des luziden Intervalls einige Zeit bestehen. Bei einer Multimorbidität kann es durch eine adäquate Behandlung der körperlichen Grunderkrankungen in seltenen Fällen zu einer kurzzeitigen Besserung der geistigen Fähigkeiten kommen, wenn noch keine schwerwiegende strukturelle Hirnschädigung vorliegt. In diesen Fällen ist genau zu prüfen, ob das autobiografische Gedächtnis in den „klaren Phasen“ ausreichend wiederhergestellt ist. Dies ist meist nicht der Fall, sodass keine ausreichende Urteilsfähigkeit und freie Willensbestimmung vorliegen. In diesen „klaren Phasen“ besteht zudem eine hohe Gefährdung für eine Fremdbeeinflussung. Bei den häufig von Zeugen oder Angehörigen angegebenen klaren Phasen handelt es sich meist um Vigilanzschwankungen, wach versus schläfrig, und nicht um eine Verbesserung der Fähigkeit sich zu erinnern. Diese Schwankungen sind bei älteren Menschen, die multimorbide sind, häufig anzutreffen. Gerade Änderungen der Hydrierung, aber auch Veränderungen des Blutdruckes oder des Blutzuckers oder der Pumpleistung des Herzens können zu deutlichen Schwankungen der Vigilanz auch innerhalb eines Tages führen. Eine derartige Symptomatik wechselt zwischen Schläfrigkeit, Schlaf tagsüber, Vor - sich - hin - Starren und Denkstörungen treten gehäuft bei schweren kognitiven Beeinträchtigungen auf. Vigilanzschwankungen reichen nicht aus, um bei einer schon nachweisbaren Testierunfähigkeit deren Wiederherstellung hinreichend wahrscheinlich zu machen. Einfluss Dritter: Nach der Rechtsprechung kann von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden, wenn etwa infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen. Anhaltspunkte für eine Einflussnahme können unter anderem sein: Auffällige Verhaltensweise des Betreffenden, testamentarische Bestimmungen mit unterschiedlichen Begünstigten in kürzeren Abständen, jeweils nach Besuch der Betreffenden und / oder Beratung durch Fachleute in deren Auftrag, disproportional große Geschenke für kleinere Gefälligkeiten, insbesondere wenn diese im Gegensatz zu den im bisherigen Leben des Erblassers üblichen Gelegenheiten stehen, auffällige Verhaltensweisen potenzieller Begünstigter, wie Beauftragung des Notars, auch Terminvereinbarungen und Vorformulierungen des Testamentsinhaltes (Oberlandesgericht Hamburg, 2018), Anwesenheit und auch Intervention währen der Testamentserrichtung beim Notar von potenziellen Erben, Unterbindung von Informationsmöglichkeiten (z. B. Besuchsverbote für andere potenzielle Erben, Bayerisches Oberlandesgericht, 2005), gezielte Falschinformationen, insbesondere bei vorbestehenden Befürchtungen eines Erblassers bei Anwesenheit und auch Interventionen während der Testamentserrichtung beim Notar von potenziellen Erben, Versprechen von potenziellen Erben, im Falle einer Berücksichtigung im Testament wichtige Leistungen für den Erblasser zu erbringen, z. B. Pflegeleistung, Androhung, lebenswichtige Pflegeleistungen oder sonstige unterstützende Maßnahmen nicht mehr durchzuführen, um im Testament gebührend berücksichtigt zu werden, wobei dies über eine Einflussnahme hinausgeht und zu Anfechtungen wegen Irrtums oder Drohungen führen kann, besondere psychosoziale Konstellationen wie Abhängigkeit des Betreffenden, insbesondere von Pflegeleistungen oder sonstigen unterstützenden Maßnahmen bei schweren körperlichen Erkrankungen bzw. Schwäche oder / und kognitiven Störungen bei Demenz / Minderbegabung sowie funktionaler Analphabetismus, Isolation des Betreffenden, insbesondere fehlender Zugang zu Informationen, z. B. bei Bettlägerigkeit und / oder Betreuung durch eine (oder wenige) Personen, Besuchsverbot für andere potenzielle Erben etc., familiäre Konflikte, oft führen familiäre Konflikte zu Situationen, in denen der Erblasser sich nicht in der Lage sieht, aufgrund divergenter Informationen von verschiedenen Seiten das Für und Wider abzuwägen, wenn der Erblasser sich von einer Partei besonders bedrängt fühlt und daher, um seine Ruhe zu haben, bestimmte Bestimmungen in sein Testament aufnimmt, ist von einer gezielten Einflussnahme auszugehen, pseudofamiliäre Beziehungskonstellation zu Pflegepersonal oder Betreuern und weitere. Von nervenärztlicher Seite kann in entsprechenden Fällen nur untersucht werden, ob aufgrund einer neuropsychiatrischen Störung die Möglichkeit einer übermäßigen Einflussnahme besteht, wie z. B. bei schwerwiegenden Gedächtnisstörungen. Bei fehlender Erinnerung an frühere Vereinbarungen, z. B. Testamentserrichtung kann der Betreffende durch aktuelle Einflussnahme zu Änderungen bzw. Neuabfassungen bewegt werden. Bei Apathie, z. B. kann ein potenzieller Erbe beim Notar den Inhalt des Testamentes / Erbvertrages in seinem Sinne vorbesprechen und der Erblasser beim Notartermin das vorgefertigte Testament ohne Nachfrage abnicken und unterschreiben. Bei hochgradiger Ambivalenz, z. B. bei einer schweren Depression, die Betreffenden grübeln ständig über alle möglichen Konsequenzen nach, ohne zu einer Entscheidung zu kommen, in entsprechenden Fällen ist es denkbar, dass ein Erblasser die Entscheidung eines Dritten, z. B. hinsichtlich bestimmter Testamentsinhalte übernimmt, weil er so die ihn quälende Ambivalenz übernehmen kann. Bei Intelligenzminderung, Analphabetismus, Bewusstseinsstörung, in einem deliranten Zustand sind die Betroffenen oft sehr suggestibel, weil sie wegen der Unfähigkeit, ihre Aufmerksamkeit längere Zeit zu fokussieren Informationen nicht richtig aufnehmen, ordnen und bewerten können. Bei Affektdominanz, wenn der Betreffende aufgrund schwerer Beeinträchtigungen der Hirnfunktionen emotional sehr leicht ansprechbar ist. Bei Wahn, wenn ein Erblasser unter einem Wahn leidet und von einigen potenziellen Erben immer wieder versucht wird, ihn diesbezüglich zu korrigieren, so kann es sein, dass andere Erben, die ihn gewähren lassen, bevorzugt werden, weil er sich von den letzteren verstanden fühlt. Neben psychopathologischen Auffälligkeiten ist von medizinischer Seite auch zu klären, ob eine Einflussnahme durch eine hochgradige Einschränkung der Sehfähigkeit oder der Hörfähigkeit möglich ist, ggf. sind vorliegende fachärztliche Befunde zu berücksichtigen. Entscheidend für die gutachterliche Bewertung ist nicht die Frage, ob eine Einflussnahme erfolgt ist, sondern ob sie bei dem Betreffenden aufgrund der krankhaften Störung der Geistestätigkeit möglich war.
Privatdozent Dr. med. Hans Jörg Stürenburg
Facharzt für Neurologie
Neurologische Intensivmedizin
Sozialmedizin
Rehabilitationswesen
Physikalische Therapie
Chefarzt Neurologie
Klinik Niedersachsen
Lehrbeauftragter: Medizinische Hochschule Hannover, MHH
Privatdozent: Universitätsklinik Hamburg - Eppendorf
SACHVERSTÄNDIGENGUTACHTEN IM ERBSCHEINSVERFAHREN - § 2229 ABS. 4 BGB §§ 26, 69 ABS. 1 SATZ 3, ABS. 2 FAMFG
Zu den Anforderungen an ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren zur Frage der Testierfähigkeit bei möglicher vaskulär bedingter Demenz und gegebenenfalls überlagernden oder begleitenden passageren Zusatzsymptomen.
Es geht um die Beurteilung der Testierfähigkeit einer Erblasserin, die zweimal verheiratet gewesen ist. Die Erblasserin hat nach Heirat mit ihrem zweiten Ehemann am 12.05.1972 ein auf den 01.08.1972 datiertes gemeinschaftliches handschriftliches Testament errichtet, in dem die Eheleute sich gegenseitig zu alleinigen Erben ihres Vermögens eingesetzt haben und weiterhin verfügt haben: „Nach dem Tode des Längstlebenden soll die gesetzliche Erbfolge in Kraft treten“. Dieses Testament ist ebenfalls am 22.11.2012 nach dem Tod der Erblasserin nochmals eröffnet worden. Der dann im Jahr 1984 vorverstorbene zweite Ehemann der Erblasserin hatte zuvor mit seiner ersten Ehefrau am 03.11.1966 ein nach dessen Tod nochmals eröffnetes, auf den 03.11.1966 datiertes handschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet, das denselben Wortlaut hat, wie das zuvor genannte gemeinschaftliche, auf den 01.08.1972 datierte handschriftliche Testament.
Die Erblasserin hat dann am 18.10.2012 ein notarielles Testament errichten lassen. Diesbzgl. wird die Testierfähigkeit der Erblasserin am 18.10.2012 als krankheitsbedingt beeinflusst beschrieben. Dieses hat das Gericht zur Validierung zugrundegelegt, ein entsprechendes Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Testierfähigkeit der Erblasserin am 18.10.2012 von Amtswegen eingeholt. Gerichtlicherseits wurde bei der Beurteilung der Testierfähigkeit der Erblasserin Bezug zu dem hierzu eingeholten Sachverständigengutachten v. 01.03.2015 genommen. Weiter wurden auch weitere Aktenbezüge, wie ein Sonderband des Nachlassgerichts zur Nachlassakte, in dem sich u.a. auszugsweise Kopien aus der Betreuungsakte des AG Wiesbaden im Hinblick auf ein vorläufiges Betreuungsverfahren für die Erblasserin befunden haben, gerichtlicherseits Bezug genommen.
Rechtliche Würdigung: Für die Validierung bzw. Feststellung einer Testierunfähigkeit ist zunächst von der folgenden Rechtslage auszugehen: „Gem. § 2229 Abs. 4 BGB ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“.
In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass unter rechtlicher Bezugnahme derjenige als testierunfähig zu beurteilen ist, dessen Abwägungen und Willensentscheidungen nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verständnis nach entsprechenden Würdigung der Ausgangslage beinhalten, hingegen solche Entscheidungsprozesse vielmehr wie krankheitsbeeinflusst wirken. Rechtlich heißt es diesbzgl. weiter, das „diese Unfreiheit der Erwägungen und der Willensbildung braucht nicht nur darin zutage zu treten, dass der Erblasser sich keine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments oder von dessen Inhalt oder Tragweite, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zu machen vermag; sie kann sich vielmehr darauf beschränken, die Motive für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung entscheidend zu beeinflussen“.
Entsprechend gilt unter rechtlicher Bezugnahme, dass „Testierunfähig ist daher auch derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von möglichen Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln“ (vgl. u.a. bereits BGH, Urt. v. 29.01.1958 – IV ZR 251/57; BayObLG, Beschl. v. 17.08.2004 – IZ BR 53/04; OLG München, Beschl. v. 14.08.2007 – 31 Wx 16/07, jeweils zitiert nach juris). Weiter heißt es unter rechtlicher Bezugnahme, dass „dabei geht es nicht darum, den Inhalt der letztwilligen Verfügung auf seine Angemessenheit zu beurteilen, sondern nur darum, ob sie frei von krankheitsbedingten Störungen gefasst werden konnte“ (BayObLG, a.a.O. und OLG München, jeweils a.a.O., m.w.N.).
Entsprechend ist im vorliegenden Fall wesentlich, dass für die Validierung der Testierfähigkeit in Relation zum Erkrankungszustand die Einholung eines fachlich fundierten Gutachten erforderlich bleibt.
Dieses macht die präzise Beurteilung der Verfahrensakten erforderlich, zudem ist hierin eine fundierte Erörterung dieser Ergebnisse in Relation zur Erblasserin bzw. den dortig ersichtlichen Zusammenhängen zwischen Erkrankungen und der Beurteilung der Testierfähigkeit zum Datum der Testamentserstellung erforderlich.
Gutachter testierfähig, Gutachter testierunfähig, Gutachten testierfähig, Gutachten testierunfähig.