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Einfach benennen. Neurologischer Gutachter, psychiatrischer Gutachter, nervenärztlicher Gutachter, Gutachter Neurologie Psychiatrie, zertifizierter Gutachter, § 109 - Gutachter, Gerichtsgutachter, Obergutachter, Gegengutachter:

 

Ein medizinischer Sachverständiger, medizinischer Gutachter ist ein Mediziner,  Facharzt, der für einen Auftraggeber zu Fragen des Gesundheitszustands, Rente, GdB, Berufskrankheiten, Fehlbehandlungen (Behandlungsfehler, Kunstfehler) und der Körperschädigung von Patienten und Probanden Stellung nimmt.

Medizinische Sachverständige unterstützen durch die medizinische Begutachtung die Entscheidungen von Gerichten und Behörden, sowie von sozial- und privatrechtlichen Versicherungsträgern über deren Leistungspflicht.

 

Nach der Zivilprozessordnung (ZPO) und der Strafprozessordnung (StPO) sowie der Berufsordnung (BO) der jeweiligen Landesärztekammer in Anlehnung an die Muster-Berufsordnung (MBO) der Bundesärztekammer ist in Deutschland jeder approbierte Arzt verpflichtet, ein Sachverständigengutachten vor Gericht zu erstellen.

 

Privatgutachten sind vor Gericht als qualifizierter Parteivortrag zugelasen. Der qualifizierte Parteivortrag ist vom Gericht entsprechend zu beachten, zur Kenntnis zu nehmen, ernsthaft zu erwägen und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

 

Ärztliche Sachverständigengutachten dienen dazu, nicht eindeutige medizinische Sachverhalte so weit aufzuklären, dass eine Beantwortung der mit ihnen verknüpften Rechtsfragen möglich wird.

 

Um den Beweisregeln der Rechtsordnung zu genügen, muss der medizinische Sachverständige sich in seinem Gutachten auf gesicherte medizinische Erkenntnisse beschränken.

 

Nur der objektiv belegbare, und damit auch in der Befunderhebung reproduzierbare Befund eröffnet die Möglichkeit seiner Bewertung hinsichtlich der rechtlichen Konsequenzen, im Schadensfall also u. a. der Begründung einer einmaligen Entschädigung bzw. dauerhaften Rentenleistung (ggf. Versicherungsleistung).

 

Typische Aufgabenfelder des medizinischen Sachverständigen vor Gericht sind sozialgerichtliche (z. B. ErwerbsunfähigkeitBerufsunfähigkeit oder Vorliegen von Berufskrankheiten), zivilrechtliche (zum Beispiel Testierfähigkeit oder Prozessfähigkeit) und auch strafrechtliche Fragestellungen (zum Beispiel Todesursache im Rahmen rechtsmedizinischer Gutachten oder Schuldfähigkeitim Rahmen forensisch-psychiatrischer Gutachten).

 

Ferner gehört dazu die Verwerfung oder Feststellung eines Behandlungsfehlers mit daraus ggf. resultierendem Schadensersatz, Honorarrückforderung und Schmerzensgeld.

 

Die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens setzt immer besondere hochqualifizierte zusätzliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen voraus.

Um ein sachgerechtes, den Beweisregeln der Rechtsordnung genügendes ärztliches Gutachten erstellen zu können, muss der Gutachter über solide fachmedizinische Kenntnisse und über versicherungsrechtliche und rechtliche Kenntnisse verfügen.

 

Er soll darin geübt sein, die kurative (heilende) Perspektive durch eine ursachenfeststellende Perspektive zu ersetzen.

 

Er kann dadurch den verfahrensbeteiligten medizinischen Laien, die aus gesundheitlichen Defiziten beziehungsweise deren fehlerbedingter Verursachung rechtswirksame Folgerungen ziehen sollen, eine Entscheidungsgrundlage bieten.

 

Für den Ablauf der Begutachtung ergeben sich hieraus zwei Schritte: Zunächst Beurteilung des Anteils der durch Schädigungen des Nervensystems und anderer Gewebearten erklärbarer Schmerzen. Ergeben sich dabei Hinweise auf eine psychische Komorbidität, sollte ergänzend eine nervenärztliche Begutachtung erfolgen.

 

Hierzu haben die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung e.V. AWMF-Leitlinien zur ärztlichen Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen entwickelt.

 

Zunächst ist im Streitfall um einen Behandlungsfehler der Befund vor der strittigen Behandlung durch den Sachverständigen zu würdigen. Hierzu zieht er je nach Behandlungsfall zu Rate die: Dokumentation der AnamneseDiagnostikTherapieÄrztliche AufklärungLaborbefundeRöntgen-, CT-, MRT-Aufnahmen, SzintigrafienSonografien, Photos, Modelle.

 

Feststellung des Gesundheitszustands zum Zeitpunkt der Begutachtung anhand: Diagnostik, Laborbefunden, Röntgen-, CT-, MRT-Aufnahmen, Szintigrafien, Sonographien etc.

 

Im Rahmen der Befundung hat der Sachverständige nicht nur darzulegen, was er an positiven Befunden feststellen konnte, sondern auch ob alle übrigen in Frage kommenden Aspekte keine Relevanz haben.

 

Aus dem Vergleich der Ausgangsbefunde mit seinem eigenen Untersuchungsbefund und der Beurteilung des dazwischen liegenden diagnostischen und therapeutischen Vorgehens erstellt der Sachverständige das Gutachten.

 

Dabei vergleicht er die durchgeführten Maßnahmen mit dem zum Zeitpunkt der Therapie gültigen wissenschaftlichen Standard. Das Gutachten unterliegt jedoch der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Der Sachverständige beeinflusst zwar stark den Verfahrensverlauf, jedoch wird er dadurch selbstverständlich nicht selbst zum Richter.

 

Ein Gutachten ist vollständig, wenn es alle vom Gericht gestellten Fragen beantwortet (sofern diese zulässig waren), nachvollziehbar, wenn das Gutachten vom Gericht verstanden werden kann und die Gedankengänge des Gutachters, die vom Befund zum Gutachten führten, prüfen und beurteilen kann und schlüssig, wenn es nach der Prüfung auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit immer noch überzeugend und widerspruchsfrei erscheint.

 

Der Sachverständige hat sich in einem Zivilprozess strikt an den Beweisbeschluss zu halten.

 

Der Sachverständige hat also nicht „die ganze Wahrheit“ darzustellen und zu würdigen, sondern nur den Sachvortrag, der im Beweisbeschluss festgehalten wird, medizinisch zu bewerten, selbst wenn ihm noch andere Sachverhalte bei der Prüfung des Falles auffallen sollten.

 

Ganz entscheidend für das Ergebnis einer Begutachtung sind deshalb u. a. die Beweisfragen, die eine verfahrensbeteiligte Partei unter Sachverständigenbeweis stellt.

109 Gutachten - Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz:

 

Vor dem Sozialgericht hängt der Ausgang eines Prozesses in vielen Fällen vom Ergebnis eines medizinischen Sachverständigengutachtens ab.

 

Beispielsweise ist die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) im Behindertenrecht, der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht, das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im Krankenversicherungsrecht oder das Vorliegen einer Berufskrankheit im Unfallversicherungsrecht nur unter Hinzuziehung eines medizinischen ärztlichen Gutachters zu klären.

Zumeist wird ein Gutachter ohne Weiteres durch das Gericht bestimmt.

Kommt der ärztliche Sachverständige in seinem Gutachten zu einem für den Kläger unerwünschten Ergebnis, verneint er etwa das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, einer Berufskrankheit oder erachtet er den GdB oder die Erwerbsminderung als zu gering, bleibt, wenn das Gericht nicht von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten anordnet, um einen positiven Ausgang des Rechtsstreits zu erreichen, die Möglichkeit, ein Gutachten nach § 109 zu beantragen.

 

Der Kläger soll auf diese Weise einen 109 Gutachter seiner Wahl und seines Vertrauens in das Sozialgerichtsverfahren einbringen können.

Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muss ein bestimmter Gutachter also gutachtlich gehört werden (§ 109 Abs. 1 S. 1 SGG).

 

Der Antrag nach § 109 SGG (109 Gutachten) kann vom Gericht nur dann abgelehnt werden, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen vorgebracht worden ist (§ 109 Abs. 2 SGG). Dies kommt allerdings so gut wie nie vor. Das heisst: Wenn der Kläger ein 109 Gutachten nach § 109 beantragt, bekommt er stets auch ein 109 Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz.

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